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Zur Definition des ‚Parallelismus membrorum‘ in Theologie und Sprachwissenschaft anhand von Luthers Psalmenübersetzung von a. 1534

Franz Simmler


Seiten 445 - 488



Der Parallelismus membrorum ist ein grundlegendes Stilprinzip der orientalischen Dichtung und beruht auf dem Prinzip der Wiederholung unterschiedlicher Satzsegmente. Bei den Psalmen ist der Parallelismus membrorum neben den Überschriften, Anredeformen und der Makrostruktur des Abschnitts in zentraler Weise an der Konstitution dieser Textsorte beteiligt. In der Theologie wird er auf der Basis der Versstruktur nach überwiegend inhaltsseitigen Kriterien in die Gruppen des synonymen, antithetischen, weiterführenden oder synthetischen, klimaktischen, symbolischen und unvollständigen Parallelismus mit und ohne Ersatz eingeteilt. Diese Einteilungen sind ungenau und widersprüchlich und erfordern eine Neubestimmung. Diese wird ebenfalls von der Versstruktur ausgehend nach syntaktischen Kriterien vorgenommen, indem ausdrucksseitige und inhaltsseitige Merkmale gleichermaßen beachtet werden. Unterschieden werden versintegrierte und versübergreifende Formen in Kontaktstellung und Distanzstellung. Versintegriert zeigen sich syntaktische Parallelismen innerhalb von Gesamtsätzen aus zwei bis fünf Teilsätzen, bei Verbindungen von zwei isoliert gebrauchten einfachen Sätzen, bei solchen von zwei Gesamtsätzen mit maximal zwei Teilsätzen und bei Abfolgen eines Gesamtsatzes aus zwei bis vier Teilsätzen und einem isoliert gebrauchten einfachen Satz. Versübergreifend existieren zusätzlich Parallelismen von Satzgliedern.

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