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Historisches Westdeutsch und Hochdeutsch. Der Ein-Schritt-Wandel des Langvokalismus

Jürgen Erich Schmidt


Pages 235 - 288



Die „neuhochdeutsche Monophthongierung“, einst als epochenbestimmender Einschnitt der Sprachgeschichte des Deutschen herausgestellt, wird in den sprachgeschichtlichen Handbüchern heute terminologisch zurückgestuft. Man spricht von einer „spätalthochdeutschen“ oder einer „mitteldeutschen“ Monophthongierung. In dem Aufsatz wird zu zeigen versucht, dass es eine solche Monophthongierung als großräumigen Sprachwandelprozess nicht gegeben hat. Es handelt sich vielmehr um ein Grammatikerkonstrukt, das benötigt wird, um die „althochdeutsche Diphthongierung“ in den (mitteldeutschen) Sprachräumen zurückzunehmen, in denen diese tatsächlich nie stattgefunden hat. Die Zusammenhänge werden ausführlich am Mittelfränkischen (Moselfränkischen und Ripuarischen), das wegen seiner historischen Eigenständigkeit als „historisches Westdeutsch“ eingeordnet wird, und knapper am Rheinfränkischen (einschließlich des Lothringischen) dargelegt: Auf der Basis der unterschiedlichen frühalthochdeutschen beziehungsweise altwestdeutschen Ausgangssysteme lässt sich die Langvokalentwicklung als jeweils sehr einfacher Ein-Schritt-Wandel beschreiben. In über 1000 Jahren haben sich die Langvokalreihen in der Regel lediglich um eine phonetische Stufe (zum Beispiel Hebung) verändert. Komplizierte Rekonstruktionen als vielschrittige Reihenentwicklungen mit wiederholten Diphthongierungen und Remonophthongierungen erübrigen sich somit.

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