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Kränzchen, Mäkelei und Klüngel

Kommunale Schriftführung in deutschen Städten zwischen Arkanpolitik und Öffentlichkeit (16.-18. Jahrhundert)

Stephan Laux


Pages 243 - 269



Die Forderung nach der Offenlegung politisch und ökonomisch relevanter Vorgänge erwies sich in innerstädtischen Konflikten seit dem Spätmittelalter als eine ausgesprochene Konstante. Die Transparenz aller Handlungen in den Rathäusern galt als unabwendbare, aus dem Egalitäts- und Konsensideal der kommunalen Schwurgemeinschaft herrührende Verpflichtung. In der Praxis aber sahen Bürgerschaftsvertreter die Regierungsführung der Magistrate regelmäßig verschleiert. Als Grund dieses Übels und gleichzeitig als Methode der Verheimlichung beklagten sie immer wieder die heimliche Kommunikation der etablierten Ratseliten in informellen Sozialkreisen. Das Öffentlichmachen, das von der Gewährung punktueller Einsichtnahme bis hin zur Etablierung dauerhafter Aufsichtsgremien reichen konnte, implizierte eine fundamentale Regierungskritik. Diese wurde oft deshalb nicht offener ausgesprochen, weil dissentierende städtische Deputationen in der Regel nicht formal legitimiert waren und unter Verfolgungsdruck standen. Der in manchen sprachlichen Varianten lancierte Begriff der ‘Öffentlichkeit’ ist somit nicht etwa nur als ein Instrument zur Herstellung kommunaler Idealvorstellungen zu sehen, sondern fungierte als Chiffre für eine ideale, auf Parität und Wohlfahrt abzielende kommunale Ordnung.

The demand for the publicity of politically and economically relevant proceedings was a regular feature of urban conflicts of the late medieval and early modern periods. The transparency of everything that went on in the town halls was regarded as a strictly necessary obligation deriving from the communal ideals of parity and consensus in a sworn union of citizens. In practice, however, the representatives of the citizenry were often enough faced with concealment in urban governance. The reason for such intransparency, as well as the method of concealment, was seen in the secret communication among the political elites in informal social networks. Making things public, in ways that ranged from selective access to documents to the installation of permanent supervisory bodies, thus implied a fundamental critique of urban governance. Criticism was often less than outspoken because dissenting bodies of deputies usually lacked formal authorization and often risked persecution. Speaking of “the public”, in the German term “Öffentlichkeit” and its various lexical derivatives, meant more than just a means of bringing about ideal forms of governance; rather, ‘Öffentlichkeit’ itself provided a chiffre of a communal order based on parity and welfare.

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