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Luthers lingua communissima, der Buchdruck und die sprachgeschichtliche Rolle der Mündlichkeit

Arend Mihm


Pages 279 - 322



Zusammenfassung: Nach heutigem Wissensstand kann die Entstehung der deutschen Standardsprache nicht allein auf Luther und seine Bibelübersetzung zurückgeführt werden, wie es im 19 Jahrhundert angenommen wurde, so dass auch die darauf beruhende Theorie vom schreibsprachlich gesteuerten Sprachwandel der frühen Neuzeit erneut zu prüfen ist. Insbesondere stellt sich die Frage, in welchem Maße die gehobene Mündlichkeit einen Anteil an den Prozessen der Sprachvereinheitlichung gehabt hat, wie es im Französischen und Englischen der Fall gewesen ist. Dabei zeigt sich, dass Luther selbst in seinem öffentlichen Sprachgebrauch eine bereits vorhandene gehobene Sprachvarietät verwendete, die damals einer überregional orientierten Bevölkerungsschicht zur mündlichen Verständigung diente, während im Allgemeinen noch die Regionalsprachen und Dialekte dominierten. Daher mussten sich auch die lokalen Bibeldrucke den regionalen Gegebenheiten der verschiedenen Absatzgebiete anpassen und konnten nur begrenzt zur Sprachvereinheitlichung beitragen. Demgegenüber ist die Hochschätzung und Fortentwicklung der gehobenen Mündlichkeit bis zu der auf Gottsched und Adelung zurückgehenden Sprachnormierung durch zahlreiche Nachrichten bezeugt.

Abstract: According to current knowledge, the emergence of the German standard language can not be attributed solely to Luthers translation of the Bible, as it was assumed in the 19th century. Therefore the theory based on this presupposition must also be re-examined, that the language development during the early modern period was induced by written-language. In particular, the question arises to what extent a supra-regional oral language variety played a significant part in the processes of language unification, as has been the case in French and English. In this respect, it is revealing that Luther himself publicly used an already existing common language variety, which at that time served as a means of oral communication of the supraregional oriented population. In general however the regional languages and dialects still prevailed. Therefore, the local Bible prints had to adapt to the needs and interests of the regional customers and could only contribute to the unification of language to a limited extent. On the other hand the high esteem and advancement of the upscale oral language is attested by numerous historical sources, up to the language standardization of Gottsched and Adelung.

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