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Die historische Entwicklung des Nachfeldes im geschriebenen Deutsch und ihre kognitive Begründung: Eine korpusbasierte Studie

Yuan Li, Hanxiao Huang, Haitao Liu


Seiten 233 - 256



Zusammenfassung: Nach dem topologischen Feldermodell wird das Feld hinter der rechten Satzklammer in deutschen Sätzen als Nachfeld gekennzeichnet, das im Prinzip leer ist. In den letzten Jahren haben Studien allerdings nach und nach gezeigt, dass es sich bei der Nachfeldbesetzung nicht um eine Ausnahme handelt, sondern um eine Nebennorm zur Standardgrammatik. Darüber hinaus haben einige Studien behauptet, dass in den letzten Jahrhunderten das Nachfeld zunehmend verwendet wurde. Mit Hilfe von TüBa-D/Z, einer deutschen Baumbank mit Annotationen authentischer Sprachmaterialien, und DTA-NF, einem selbst aufgebauten Forschungskorpus aus dem Deutschen Textarchiv (DTA) mit manuellen Annotationen, zieht dieser Artikel die folgenden Schlussfolgerungen: 1) Die Verwendung des Nachfeldes hat in den letzten drei Jahrhunderten eine rückläufige Tendenz gezeigt. 2) In diesem Zeitraum wurden weniger satzwertige Nachfeldstrukturen verwendet, während es mehr nicht-satzwertige Nachfeldstrukturen gab. Die am häufigsten verwendeten Nachfeldstrukturen waren Nebensätze und Präpositionalphrasen. 3) Durch die Verwendung des Nachfeldes initiierten Sprachbenutzer*innen einen Mechanismus zur Minimierung der Dependenzdistanz, um das begrenzte menschliche Arbeitsgedächtnis zu entlasten. Dieser Mechanismus hat den Gebrauch der menschlichen Sprache in verschiedenen Epochen der Geschichte beeinflusst und damit bestätigt, dass Sprache ein vom Menschen gesteuertes komplexes adaptives System ist.

Abstract: According to topological field theory, the space behind the right brace structures in German sentences is described as postfield, and it is principally expected to be empty. However, some scholars in recent years have pointed out that the existence of postfield elements is not a linguistic exception, but must rather be perceived as a secondary standard. Moreover, some studies have claimed that an increasing number of postfield elements have been used in the past centuries. With the help of TüBa-D/Z, a German annotation treebank of authentic language materials, and DTA-NF, a corpus from the German Text Archive (DTA) with manual annotation, this paper argues that: 1) The use of postfield elements has decreased over the past three centuries. 2) In this time span fewer clausal structures, but more non-clausal structures were used in the postfield. Overall, subclauses and prepositional phrases were the most common structures that were used in the postfield. 3) By using postfield elements, language users initiated a mechanism of minimizing dependency distance to tackle the limited working memory of human beings. This mechanism has exerted influence on the use of human language in different periods of history, which once again confirms that language is a human-driven complex adaptive system.

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