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Luthers lingua communissima, der Buchdruck und die sprachgeschichtliche Rolle der Mündlichkeit Beitrag

Arend Mihm

Sprachwissenschaft, Jahrgang 44 (2019), Ausgabe 3, Seite 279 - 322

Zusammenfassung: Nach heutigem Wissensstand kann die Entstehung der deutschen Standardsprache nicht allein auf Luther und seine Bibelübersetzung zurückgeführt werden, wie es im 19 Jahrhundert angenommen wurde, so dass auch die darauf beruhende Theorie vom schreibsprachlich gesteuerten Sprachwandel der frühen Neuzeit erneut zu prüfen ist. Insbesondere stellt sich die Frage, in welchem Maße die gehobene Mündlichkeit einen Anteil an den Prozessen der Sprachvereinheitlichung gehabt hat, wie es im Französischen und Englischen der Fall gewesen ist. Dabei zeigt sich, dass Luther selbst in seinem öffentlichen Sprachgebrauch eine bereits vorhandene gehobene Sprachvarietät verwendete, die damals einer überregional orientierten Bevölkerungsschicht zur mündlichen Verständigung diente, während im Allgemeinen noch die Regionalsprachen und Dialekte dominierten. Daher mussten sich auch die lokalen Bibeldrucke den regionalen Gegebenheiten der verschiedenen Absatzgebiete anpassen und konnten nur begrenzt zur Sprachvereinheitlichung beitragen. Demgegenüber ist die Hochschätzung und Fortentwicklung der gehobenen Mündlichkeit bis zu der auf Gottsched und Adelung zurückgehenden Sprachnormierung durch zahlreiche Nachrichten bezeugt. Abstract: According to current knowledge, the emergence of the German standard language can not be attributed solely to Luthers translation of the Bible, as it was assumed in the 19th century. Therefore the theory based on this presupposition must also be re-examined, that the language development during the early modern period was induced by written-language. In particular, the question arises to what extent a supra-regional oral language variety played a significant part in the processes of language unification, as has been the case in French and English. In this respect, it is revealing that Luther himself publicly used an already existing common language variety, which at that time served as a means of oral communication of the supraregional oriented population. In general however the regional languages and dialects still prevailed. Therefore, the local Bible prints had to adapt to the needs and interests of the regional customers and could only contribute to the unification of language to a limited extent. On the other hand the high esteem and advancement of the upscale oral language is attested by numerous historical sources, up to the language standardization of Gottsched and Adelung.


Zur Theorie der vormodernen Orthographien Beitrag

Straßburger Schreibsysteme als Erkenntnisgrundlage

Arend Mihm

Sprachwissenschaft, Jahrgang 41 (2016), Ausgabe 3-4, Seite 271 - 309

Die diachronische Dimension der deutschen Orthographie ist bis heute unzureichend geklärt und wird auch von den vielversprechenden Neuansätzen der Schriftlinguistik noch nicht als Problem erkannt, sondern als Nicht-Orthographie weitgehend ausgeklammert. Ursache dafür sind vor allem die großen Kontraste, die zwischen dem heutigen Orthographiezustand und den historischen Schreibnormen bestehen, so dass sich die Aufgabe ergibt, die andersgearteten Regelsysteme, die damals die schriftliche Kommunikation sicherten, zu rekonstruieren. Dazu bietet das Verfahren des seriellen Vergleichs gleichgerichteter Schreibsysteme eine empirische Grundlage, das hier am Beispiel Straßburger Schriftzeugnisse exemplifiziert wird. Zur Interpretation der Befunde dienen die Quellen zur historischen Orthographielehre und zum damaligen Status der volkssprachigen Schriftlichkeit. Die auf diese Weise gewonnenen Ergebnisse lassen erkennen, dass die vormodernen Regelsysteme im Unterschied zu allen heutigen europäischen Orthographien einen eigenständigen Orthographietyp darstellen, dessen Besonderheit darauf beruhte, dass er das Vorhandensein der lateinischen Erstschreibsprache voraussetzte. Dabei werden auch die damaligen Vorteile dieses Orthographietyps deutlich und die Gründe, warum er über 900 Jahre den heutigen Regelsystemen vorgezogen wurde. The diachronic dimension of the German orthography has not been sufficiently explained until now and even the new discipline of grapholinguistics offers no theoretical approach to the historical state, but disregards it as non-orthography. This is caused by the huge contrasts between the present regulation of orthography and the writing norms of the past. Consequently, it poses a challenge to detect those underlying rules, which made the written communication successful at that time. As an empirical basis for this investigation serves the method of serial comparison of analog writing systems, which is exemplified here by manuscripts from the city of Strasbourg. In order to interprete these data the historical sources of orthographical doctrines and of the special conditions of vernacular writing are consulted. This all leads to the conclusion, that in constrast to all present European orthographies the pre-modern writing norms represent an autonomous type of orthography, which was based on the preexistence of Latin as a first written language. Additionally, the advantages of this orthographical type become apparent and the reasons, why it had been preferred to the regulations of today for 900 years.

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